"Mein Kampf" v. Tabori

Ich betrete die Aula der Sophienschule Hannover und mit mir eine Masse Schüler verschiedener Stufen. Die Einen mit dem Gedanken "Besser als zwei Stunden Schule", die anderen mit mehr oder weniger erwartungsvollen Gesichtern. Die Unterhaltungen über die vorigen Stunden oder das baldige Wochenende wechseln zu Fragen und Vermutungen über die Geschehnisse auf der Bühne. Während jeder Einzelne noch versucht sich einen guten Platz zu erkämpfen kniet ein Mann in einem weißen Gewand auf einem Podest mitten auf der Bühne und reisst Seiten aus einem Buch, das sich als die Bibel herausstellt. Diese Verwirrung und Verwunderung, die bei dieser einzelnen Szene entsteht ist in dem ganzen Stück "Mein Kampf" von Tabori bemerkbar.

Er behandelt das schwierige Thema "die Person Hitler" nicht so wie es uns allen geläufig ist. Es ist ihm gelungen, Hitler als lächerlich, schutzbedürftig, wehleidig und naiv darzustellen, sodass er einem schon fast leid tut. Dies gelingt ihm durch den kleinen, schmächtigen schon fast weiblich wirkenden Schauspieler. Hitler ist dem Juden Schlomo nicht gewachsen. Das unterstützen die Dialoge in denen Schlomo allen überlegen ist. Hitler versucht sich mit erhobener Stimme dagegen durchzusetzen. Dadurch ist es für die Zuschauer allerdings schwer ihm zu folgen, weil er dazu auch noch sehr schnell spricht. Insgesamt wirken die Charaktere Schlomo und Lobwokitz, der allerdings nicht oft auftaucht, sehr überzeugend in ihren Rollen. Auffällig ist allerdings, dass Lobkowitz sich sehr oft umgangssprachlich ausdrückt. Das passt aber zu der Rolle, die er darstellt. Die Person "Gretchen", die später im Stück auftaucht und eine Art Geliebte Schlomos darstellen soll wirkt künstlich und kindlich. Sie überzeugt nicht in ihrer Rolle und ist eher überflüssig. "Frau Tod", die gegen Ende des Stücks die Bühne betritt unterstützt wieder die Verwunderung und Verwirrung über dieses, da sie wie ein Mann aussieht, aber eine Frau ist. Diese Tasache, aber auch z.B., dass sich die Schauspieler zum Schlafen ausgezogen haben und der extreme Geruch am Ende des Stücks sind Dinge, die ablenken. Man konzentriert sich nicht mehr so sehr auf die Dialoge und die Handlung. Das Stück wirkt insgesamt schlecht vorbereitet. Die Maske hält nicht, als Hitler weint, sein Hosenstall ist offen, Gretchen und Hitler ziehen sich vorm Publikum um und sie betreten und verlassen die Bühne durchs Publikum. Dadurch wir man immer wieder aus der Handlung gerissen, da man sich auf andere Dinge konzentriert. Sehr gut gefallen haben mir persönlich die vielen Zeit- und Emotionswechsel, die durch Musik unterstützt wurden.

Am Schluss, als sich die Handlung wendet -Hitler verwandelt sich in den grausamen machthaberischen Hitler- wirkt das Bühnenbild überwältigend. Dies gelingt Tabori durch die grausamen Hitlerreden im Hintergrund und die Plakate an der Wand. Diese drastische Darstellung der Realität reisst einen aus der Vorstellung, die man von Hitler während des ganzen Theaterstücks hatte, und ist sehr gelungen.

Marie