"Kultur für Alle" – Das Erste Hannoversche Amateurtheaterfestival

"Vor einem Jahr beschlossen wir, unser 10jähriges Jubiläum mit einem Festival zu feiern. Vor einer Woche hatten wir die Krise angesichts der plötzlichen Probleme. Vor drei Tagen ging es dann los und jetzt ist schon alles vorbei." Berit Busch, Abschlussrede

Ein Jahr früher

2006, im Herbst, irgendwo in Hannover. Uns wird siedenheiß klar, dass im nächsten Jahr unsere zufällig entstandende kleine Truppe 10jähriges Bühnenjubiläum hat. Für uns heißt das vor allem eins: Wir müssen feiern! Es gab die üblichen Überlegungen einige alte Stücke wiederaufzunehmen, aber aus praktischen und aus Lustgründen entschieden wir uns dagegen. Dass unser nächstes Stück dort aufgeführt werden würde, war hingegen von vornherein klar. Unschlüssig, was wir tun sollten, blieben wir schließlich unserer Gruppentradition treu und beschlossen etwas zu tun, was wir noch nie getan hatten: Wir würden nicht nur für uns feiern, wir würden unter dem Motto "Kultur für Alle" ein Hannoversches Amateurtheaterfestival durchführen. Kurze Zeit später stand auch der Umfang fest:

  • Glücklicherweise fand sich auch ein Organisationsteam das willens und vor allem auch fähig war das alles in Gang zu bringen – und, wie sich herausstellte, die perfekte Mischung aus Theaterkompetenz, Organisationserfahrung, lokalen Kontakten und vor allem Zeit hatte.

    Zurück in der Gegenwart – minus drei Tage

    Freitag, 21. September 2007, Freizeitheim Lister Turm, nachmittags. Es bricht hektische Aktivität aus: Die spielenden Gruppen schauen vorbei und nehmen die Bühne in Augenschein, die Gastgeber schmücken die Räume, bauen Stellwände auf, sammeln Wechselgeld, klären letzte Fragen und bereiten sich auf die eigene Premiere vor – eben alles was man in letzter Minute so tut.

    Einschub: Amateurtheater, Lokalpolitik und Stiftungen

    So ein Festival kostet viel Geld. Die meisten Stiftungen meldeten sich gar nicht zurück, bei den anderen passten wir nicht ins Profil oder sie fördern zwar Theater, aber kein Amateurtheater. Unsere Hoffnungen ruhten also auf der Stadt Hannover. Wie sich herausstellte ist im Kulturbüro niemand für die Amateurtheater zuständig - Geldtöpfe schon gar nicht. Dank persönlichen Engagements einiger Guter Seelen fanden sich doch noch Gelder in einigen Grauzonen. Zusätzlich förderten uns die Bezirksräte Mitte, und Vahrenwald-List. Zum Letzteren gehört das Freizeitheim. Spanenderweeise passierte Folgendes: Statt uns einfach die Räumlichkeiten zu stellen oder einen guten Preis für diese zu machen, zahlen wir die (teuren) Räume, machen nach dem Festival eine Abrechnung und bekommen dann Geld vom Bezirk zurück.

    Freitag, 19.30 Uhr. Offizielle Eröffnung mit Grußworten aus der lokalen Politik und vom Landesverband. Acht Gruppen und eine Clownin wollen schließlich zehn Aufführungen bestreiten – mit einer ungewöhnlichen Bandbreite von Spielarten, Zielgruppen und nicht zuletzt Alter: Der jüngste Schauspieler war 8 Jahre alt, die älteste 80 Jahre jung.

    Freitag, 20 Uhr. Premiere von "Verbrechen aus Leidenschaft", unseres ersten eigenen Beitrages zum Festival. Gute Publikumsreaktionen, eine nette Premierenfeier und, ganz wichtig, die Schauspieler haben den Kopf jetzt wirklich frei beim Festival zu helfen und es zu genießen.

    Profis für Amateure

    Eine der Sachen die unser Festival auszeichnete war, dass wir Amateure nicht nur unter uns waren, sondern wir auch Profis eingeladen hatten, die Ihren Input gaben. Konkret heißt das, dass Samstag und Sonntag jeweils vier Workshops am Vormittag stattfanden: Die Themen reichten dabei von Regie, Schauspiel, Stimme und Bühnenbild über Recht im Amateurtheater bis zur Inszenierungs- und Probenorganisation. Alle Workshops konnten stattfinden, besonderen Zuspruch fanden die praktischen Schauspielworkshops, hier mussten wir sogar Interessenten enttäuschen.

    Einschub: Besucher

    Insgesamt hatten wir 400 Zuschauer für neun Aufführungen. Das ist keine schlechte Zahl, auch wenn wir uns natürlich mehr gewünscht hätten. Die Zuschauer rekrutierten sich größtenteils aus dem Stammpublikum und den Mitgliedern der teilnehmenden Gruppen (von denen viele von Freitagabend bis Sonntagabend praktisch im Freizeitheim lebten).
    Auf der finanziellen Seite hat es aber glücklicherweise gereicht, um unseren Finanzierungsplan zu erfüllen und das Festival mit der berühmten Schwarzen Null abzuschließen.

    Der zweite Beitrag den unsere Profis leisteten, waren die Stücknachbeprechungen: mit oder ohne Publikum oder gar nicht, je nach Wunsch der Gruppen. Fast alle Gruppen nutzen dieses Angebot, und im Dialog zwischen Ensemble, Regisseur, Publikum und Profi wurde freundlich und lobend, aber auch ernsthaft diskutiert. Für die Gruppen wie auch für das Publikum waren diese Gespräch bereichernd.

    Fazit

    Es ließe sich natürlich noch viel schreiben: Von den Problemen mit dem Veranstaltungsort im Vorfeld und der tollen Betreuung während der Veranstaltung selbst, über jede einzelne Gruppe und jedes einzelne Stück, aber leider würde das den Rahmen dieses Berichtes sprengen.

    Hat es sich gelohnt? Ja, hat es. Würden wir es noch einmal machen? Ja, sehr gerne und bald. Werden wir es noch einmal tun? Das wissen wir noch nicht, unser Orgateam kann in dieser Form nicht noch einmal antreten und die Arbeit wird beim zweiten Mal nicht viel weniger werden. Wenn Ihr also aus Hannover kommt und gerne eine beginnende Tradition weiterführt:
    organisation@amateurtheaterfestival-hannover.de.
    Oder um es anders auszudrücken: Wir haben gelacht, geweint, gekämpft und gefeiert. Und alle, wirklich alle(!) waren sehr zufrieden mit dem Festival. Was will man mehr, wenn alles vorbei ist?

    (Jens Reineking)